Inhaltsverzeichnis
GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer
1. Zeitwertkonto eines Geschäftsführers: Einzahlungen sind nicht immer verdeckte Gewinnausschüttungen
Das Gehalt des beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers kann auf ein sog. Zeitwertkonto zugeführt werden. Dabei handelt es sich dann nicht um verdeckte Gewinnausschüttungen, wenn das Wertguthaben nur für eine Vorruhestandsphase verwendet wird und der Geschäftsführer als Organ der Gesellschaft ausscheidet.
Hintergrund
Die GmbH hatte allen Arbeitnehmern und ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer ermöglicht, an einem sog. Zeitwertkontenmodell teilzunehmen.
Dabei wird ein Gehaltsanteil auf ein Investmentkonto eingezahlt und aus dem angesammelten Guthaben ein vorgezogener Ruhestand oder eine Altersteilzeit finanziert. Die Ansprüche gegen das Investment-Unternehmen sind an einen Treuhänder abgetreten und an die jeweiligen Arbeitnehmer verpfändet. Der Geschäftsführer hatte abweichend hiervon nur einen Anspruch auf vorgezogenen Ruhestand und war dann auch verpflichtet, aus dem Amt auszuscheiden. Er verzichtete fortan auf seine Tantieme, das 13. und 14. Monatsgehalt und auf Bonuszahlungen. Diese Beträge wurden auf das Investmentkonto eingezahlt.
Das Finanzamt qualifizierte die Einzahlungen auf das Zeitwertkonto jeweils als verdeckte Gewinnausschüttung.
Entscheidung
Das Finanzgericht entschied dagegen, dass zwar Zuführungen auf ein Investmentkonto, das als Zeitwertkonto des Gesellschafter-Geschäftsführers geführt wird und das zur Ansammlung von Wertguthaben dient, um durchlaufenden Gehaltsverzicht zukünftig nach Zeit bemessene Freizeit zu erkaufen, in aller Regel als verdeckte Gewinnausschüttungen zu werten sind.
Das gilt jedoch dann nicht, wenn die Verwendung des Wertguthabens nur auf eine Vorruhestandsphase für den Gesellschafter-Geschäftsführer beschränkt ist und dieser bei Eintritt in den Vorruhestand als Organ der Gesellschaft ausscheiden muss. Denn in einem solchen Fall liegt wirtschaftlich betrachtet eine bloße Entgeltumwandlung vor. Der Gesellschafter-Geschäftsführer verfügt über sein eigenes Vermögen, indem er bereits erdiente Aktivbezüge zugunsten künftiger Altersbezüge zurücklegt. Folglich liegen betrieblich veranlasste Zahlungen vor.
Land- und Forstwirtschaft
1. Zur Anerkennung der Versorgungszahlungen im Rahmen des Altenteils nach der Höfeordnung
Eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen im Anwendungsbereich des § 23 Höfeordnung Rheinland-Pfalz muss deren Vorgaben entsprechen oder im Übergabevertrag oder in der letztwilligen Verfügung geregelt sein. Nur dann sind die Leistungen als Sonderausgaben abziehbar.
Hintergrund
Der Vater V war Inhaber eines in die Höferolle eingetragenen Weinguts. Zu dem Betrieb gehörte ein Grundstück. Dieses Grundstück hatte V unentgeltlich an seine Ehefrau, die Mutter M, unter Vorbehalt eines Nutzungsrechts übertragen.
In seinem Testament setzte V seine Tochter T, die noch 3 Geschwister hat, als alleinige und unbeschränkte Hoferbin ein und stellte klar, dass zum Hof auch das Nutzungsrecht an dem Grundstück gehört.
V verstarb im Januar 2012. Er wurde von M und T und deren Geschwistern beerbt. Der Hof ging im Wege der Sondererbfolge auf die T über. Im Juni 2012 übertrug M der T das Grundstück unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge.
Am selben Tage schlossen M, die T und deren Geschwister einen weiteren Vertrag über die Abfindung von Pflichtteilsansprüchen. Außerdem verpflichtete sich die T, an M ab Juli 2012 monatlich 680 EUR als dauernde Last zu zahlen. Ferner räumte die T der M ein lebenslanges unentgeltliches Wohnungsrecht ein und verpflichtete sich, M bei Krankheit und Gebrechlichkeit bis Pflegegrad 2 zu pflegen.
Das Finanzamt lehnte den Sonderausgabenabzug für die von T gezahlten Barleistungen ab. Denn die Versorgungsleistungen waren nicht im Zusammenhang mit der Hofübergabe vereinbart worden, sondern erst danach. Das Finanzgericht wies die Klage ab.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof widerspricht dem Finanzgericht. Die grundsätzliche Voraussetzung für die Abziehbarkeit von Versorgungsleistungen, dass sie bereits in dem Rechtsgeschäft, auf dem die Vermögensübergabe beruht (Übergabevertrag oder letztwillige Verfügung), festgelegt wurden, gilt nicht, wenn schon kraft Gesetzes – wie hier in § 23 HO – RhPf – Regelungen zum Grund und zur Höhe verpflichtend zu erbringender Altenteilsleistungen bestehen.
Für den Rechtsbindungswillen müssen die Rechtsfolgen, die die Qualifikation als Versorgungsvertrag ermöglichen (Umfang des übertragenen Vermögens, Höhe der Versorgungsleistungen, Art und Weise der Zahlung), klar und eindeutig vereinbart sein. Die Vereinbarung muss zu Beginn des Rechtsverhältnisses für die Zukunft getroffen werden. Damit müssen die Versorgungsleistungen grundsätzlich im Übergabevertrag selbst oder in einer letztwilligen Verfügung dem Übernehmer auferlegt werden. Daran fehlt es hier, weil der T im Testament des V keine Versorgungsleistungen auferlegt wurden, sondern erst in dem 5 Monate nach dem Erbfall mit der M abgeschlossen Vertrag.
Jedoch enthält § 23 Abs. 2 bis 4 HO – RhPf dem Grunde nach einen Anspruch des überlebenden Ehegatten auf die Versorgungsleistungen. Dieser Anspruch kann die ausdrückliche vertragliche Vereinbarung oder letztwillige Anordnung ersetzen. Die Höhe kann durch eine Vereinbarung der Parteien ausgefüllt werden.
Die Höhe der Altenteilsleistungen wird durch § 23 Abs. 3 HO – RhPf geregelt. Dort sind als Kriterien der örtliche Brauch, die Gewährleistung der sozialen Unabhängigkeit des Altenteilers und die Leistungsfähigkeit des Hofes genannt. Diese Regelung ist hinreichend bestimmt, um sie auch der Besteuerung zugrunde legen zu können.
Dass zwischen dem Erbfall und der Vereinbarung ein gewisser Zeitraum (5 Monate) liegt, ist angesichts der Auseinandersetzung unter den Geschwistern unerheblich. Unproblematisch auch für die Begrenzung der Übernahme der Pflegekosten auf Beträge bis zur Höhe des Pflegegrades 2.
Lohn und Gehalt
1. Zusammengeballte Überstundenvergütungen: Gilt die Fünftel-Regelung?
Für Überstundenvergütungen, die für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden, kann die Tarifermäßigung der sog. Fünftel-Regelung gewährt werden.
Hintergrund
X war als Arbeitnehmer tätig. In den Jahren 2013 bis 2015 hatte er jedes Jahr Überstunden geleistet, die nicht ausgezahlt wurden. Im August 2016 vereinbarte X mit seinem Arbeitgeber die Aufhebung des Arbeitsvertrags zum 30.11.2016. Der Aufhebungsvertrag sah vor, dass der Arbeitgeber mit der Lohnabrechnung für August 2016 rückwirkend für die Vorjahre die 330 geleisteten und bislang nicht ausgezahlten Überstunden mit insgesamt 6.000 EUR brutto vergütet.
Das Finanzamt erfasste die Vergütung als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, ohne Berücksichtigung der Tarifermäßigung nach der sog. Fünftel-Regelung.
Das Finanzgericht gab der Klage des X statt.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzgerichts und entschied, dass die im Jahr 2016 an X ausgezahlten Überstundenvergütungen nach der Fünftel-Regelung ermäßigt zu besteuern sind.
Als ermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte kommen insbesondere Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht. Eine Tätigkeit ist mehrjährig, soweit sie sich über mindestens 2 Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten umfasst. Allerdings genügt es nicht, dass der Arbeitslohn in einem anderen Veranlagungszeitraum als dem zufließt, zu dem er wirtschaftlich gehört, und dort mit weiteren Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zusammentrifft. Die Entlohnung muss vielmehr für sich betrachtet zweckbestimmtes Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit sein, die Vergütung folglich für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten und veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden. Die mehrjährige Zweckbestimmung kann sich entweder aus dem Anlass der Zuwendung oder aus den übrigen Umständen ergeben. Soweit andere Hinweise auf den Verwendungszweck fehlen, kommt der Berechnung des Entgelts maßgebliche Bedeutung zu.
Außerdem muss die Entlohnung für eine mehrjährige Tätigkeit aus wirtschaftlich vernünftigen Gründen in zusammengeballter Form erfolgen.
Diese Grundsätze gelten auch für Überstundenvergütungen. Umfasst der Zeitraum, für den Überstunden veranlagungszeitraumübergreifend vergütet werden, mehr als 12 Monate, steht demnach die Tarifermäßigung nach der Fünftel-Regelung zu.
Der Arbeitgeber hat dem X Überstundenvergütungen nachträglich für die Jahre 2013 bis 2015 ausbezahlt. Es handelt sich somit um ein zweckbestimmtes Entgelt für eine mehrjährige Tätigkeit. Zudem liegen auch wirtschaftlich vernünftige Gründe für eine Zusammenballung vor. Denn die Abgeltung der Überstunden erfolgte wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Private Immobilienbesitzer
1. Ist der Gewinn aus dem Verkauf eines selbst bewohnten Gartenhauses steuerpflichtig?
Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige ein Gartenhaus baurechtswidrig dauerhaft bewohnt. Eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns im Rahmen eines privaten Veräußerungsgeschäfts ist damit ausgeschlossen.
Hintergrund
A erwarb im Jahr 2009 einen Miteigentumsanteil an Grundstücken, die in einem Wochenend- und Ferienhausgebiet liegen. Im Flächennutzungsplan sind sie als Kleingartengelände ausgewiesen. Darauf befindet sich ein von A bewohntes Gartenhaus.
Im Jahr 2014 und damit innerhalb des 10-Jahres-Zeitraums veräußerte A seinen Miteigentumsanteil. Kaufpreiszahlung und Besitzübergabe erfolgten 2015.
Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuer-Bescheid 2015 einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften. A wandte dagegen ein, dass das Grundstück mit einem Bungalow (60 qm Wohnfläche) bebaut war, den er während der gesamten Besitzdauer zu eigenen Wohnzwecken genutzt hatte.
Das Finanzgericht wies die dagegen gerichtete Klage ab. Das Gartenhaus war baurechtlich nicht zur Wohnnutzung geeignet gewesen.
Entscheidung
Die Revision des A hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof gab der Klage statt. Die Steuerfreistellung erfordert nicht, dass das genutzte Wirtschaftsgut auch rechtlich dazu bestimmt und geeignet sein muss, Menschen auf Dauer Unterkunft und Aufenthalt zu ermöglichen.
Auch eine baurechtswidrige Nutzung kann eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sein. Der gesetzliche Wortlaut ist zwar nicht eindeutig. Denn unter einer Nutzung „zu eigenen Wohnzwecken“ kann sowohl eine baurechtskonforme als auch eine baurechtswidrige Wohnnutzung verstanden werden. Allerdings sprechen Sinn und Zweck dafür, dass auch die baurechtswidrige Wohnnutzung unter die Steuerfreistellung fällt. Denn die Norm dient der Verhinderung einer ungerechtfertigten Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Aufgabe eines Wohnsitzes, z. B. wegen eines Arbeitsplatzwechsels. Gewinne aus der Veräußerung von selbstgenutztem Wohneigentum sollen innerhalb der 10-Jahres-Frist keine Besteuerung auslösen.
Der Gesetzeszweck ist bei baurechtswidriger Nutzung von Wohneigentum ebenso erfüllt wie bei einer baurechtskonformen Wohnnutzung. Die baurechtliche Zulässigkeit der Wohnnutzung ist also in diesem Zusammenhang unerheblich.
Entscheidend ist, ob das Objekt tatsächlich dazu geeignet ist, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen. Dies betrifft vor allem die Beschaffenheit des Gebäudes, insbesondere seine Ausstattung und Einrichtung, nicht aber rechtliche Gegebenheiten.
Nach § 40 AO ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Die Vorschrift regelt, dass die Besteuerung wertneutral ist und an tatsächliche Gegebenheiten anknüpft. Das gilt auch für begünstigende Steuerrechtsnormen.
2. Maklerprovision: Wenn die Widerrufsbelehrung im Spam-Ordner landet
Bei der Kommunikation per E-Mail ist eine regelmäßige Kontrolle des Spam-Ordners angezeigt. Denn mit dem Verweis auf einen gelöschten Spam-Ordner kann zum Beispiel eine Maklerprovision nicht umgangen werden.
Hintergrund
Die klagende Maklerin inserierte im Internet eine Immobilie zu einem Preis von 249.000 EUR mit dem ausdrücklichen Hinweis auf eine Käuferprovision in Höhe von 6,25 % inklusive Mehrwertsteuer des Kaufpreises. Das vom Beklagten per E-Mail abgerufene Exposé enthielt ebenfalls einen Hinweis auf die Käuferprovision. Vor dem Abruf des Exposés musste der Interessent vorher auf dem per E-Mail übersandten Link die allgemeine Geschäftsbedingungen und die Widerrufsbelehrung mit einem Haken an der entsprechenden Stelle bestätigen. Ansonsten konnte das Exposé nicht geöffnet werden. Der Kunde ließ sich nach dem Erhalt des Exposés noch weitere Unterlagen zusenden.
Es kam zum Kauf des Objektes. Der Käufer weigerte sich jedoch, die Provision zu zahlen. Daraufhin klagte die Maklerin ihre Provision gegen den Käufer ein.
Der Käufer behauptete, dass er die Belehrung nicht erhalten hatte, da diese wohl in den Spam-Ordner geraten war. Sein Computer war so eingestellt, dass dort die E-Mails sofort gelöscht werden.
Entscheidung
Die Klage der Maklerin hatte Erfolg. Das Gericht gewährte ihr einen Provisionsanspruch. Nach § 652 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, wer für den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages einen Maklerlohn verspricht, zur Entrichtung des Lohns verpflichtet, wenn der Vertrag infolge des Nachweises des Maklers zustande kommt.
Vorliegend ist der Provisionsanspruch der Klägerin entstanden, da sie unübersehbar im Exposé auf die Käuferprovision von 6,25 % des Kaufpreises hingewiesen hatte. Der Beklagte hat sodann in Kenntnis des Provisionsverlangens weitere Maklerleistungen in Anspruch genommen. Damit hat er das Provisionsverlangen schlüssig angenommen.
Der Kunde konnte den Maklervertrag auch nicht nachträglich wirksam widerrufen, denn nachweislich wurden dem Kunden nach dem Setzen von 2 Haken die Widerrufsbelehrung und das Musterwiderrufsformular als Anhänge zu einer E-Mail übersandt.
Mit dem Einwand, dass sein Postfach so eingestellt war, dass E-Mails, die versehentlich in den Spam-Ordner gerieten, sofort gelöscht werden, hatte der Kunde keinen Erfolg. Wenn der Kunde in dieser Weise verhindert, dass ordnungsgemäß versandte und ihm auch zugegangene E-Mails nicht zu seiner Kenntnis gelangen, ist das allein sein Problem.
3. Parken in der Feuerwehrzufahrt kann nicht erlaubt werden
Eine Feuerwehrzufahrt darf nicht blockiert werden. Deshalb darf eine Wohnungseigentümergemeinschaft das regelmäßige Abstellen von Lieferantenfahrzeugen in einer Feuerwehrzufahrt nicht per Beschluss gestatten. Solch ein Beschluss ist nichtig.
Hintergrund
Eine Wohnungseigentümerin klagt gegen den Mieter einer Teileigentumseinheit auf Unterlassung. Der Mieter betreibt einen Supermarkt in der im Vorderhaus der Wohnungseigentumsanlage gelegenen Einheit. Die Wohnung der Klägerin liegt im Hinterhaus. Dieses ist u. a. über eine Durchfahrt erreichbar. Die Durchfahrt ist als Feuerwehrzufahrt ausgewiesen.
Die Lieferanten des Supermarktes stellen ihre Fahrzeuge 2-mal pro Woche für jeweils 1 1/2 Stunden zum Entladen in der Durchfahrt ab. Im Jahr 2008 hatten die Wohnungseigentümer den Beschluss gefasst, dass das Parken in der Durchfahrt während der Anlieferung gestattet ist.
Die Wohnungseigentümerin will erreichen, dass Lieferanten nicht mehr in der Durchfahrt parken.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Abstellen von Lieferfahrzeugen in der als Feuerwehrzufahrt ausgewiesenen Durchfahrt ist eine Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums. Der Eigentümerin steht insoweit ein Unterlassungsanspruch zu.
Die Eigentümerin ist nicht zur Duldung verpflichtet, denn der im Jahr 2008 gefasste Beschluss verstößt gegen die Hessische Bauordnung (HBO). Danach muss eine Feuerwehrzufahrt ständig freigehalten werden und Fahrzeuge dürfen dort nicht abgestellt werden. Auf die Einhaltung dieser Vorschrift können die Wohnungseigentümer nicht rechtswirksam verzichten. Die Norm dient der Gefahrenabwehr und dem Brandschutz und schützt sowohl die Wohnungseigentümer als auch Dritte. Zudem könnte im Brandfall der Versicherungsschutz gefährdet sein, wenn die Eigentümer einen erheblichen Verstoß gegen Brandschutzvorschriften dulden. Daher ist der Beschluss, der das vorübergehende Abstellen von Lieferanten-Fahrzeugen in der Zufahrt gestattet, nichtig.
4. Ladekabel eines Elektroautos darf Fußgänger nicht behindern
Ladekabel von einem privaten Grundstück aus zu einer Ladestation zu verlegen, ist nicht zulässig, wenn die Kabel auf einem Gehweg liegen. Dadurch werden sie zu einer gefährlichen Stolperfalle für Fußgänger.
Hintergrund
Um sein Elektrofahrzeug und seinen Plug-In-Hybrid-Auto unmittelbar vor seinem Grundstück im öffentlichen Straßenraum aufladen zu können, hatte der Kläger bei der Stadt eine Sondernutzungserlaubnis beantragt, damit er über den Gehweg 2 Kabelleitungen legen darf.
Um die Behinderung für die Zeit des Ladevorgangs gering zu halten, wollte der Kläger die Kabel mit maximal 4,3 Zentimeter hohen Kabelbrücken abdecken.
Die Stadt lehnte dies ab, da auch die abgedeckten Ladekabel Stolperfallen darstellten.
Der Kläger war anderer Ansicht und erhob Klage.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht entschied, dass es keine rechtlichen Bedenken gegen die Entscheidung der Stadt gab.
Grundlage für eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis war im vorliegenden Fall § 16 Abs. 1 des Hessischen Straßengesetzes. Die Vorschrift räumt der Kommune ein Ermessen ein, weshalb grundsätzlich kein gebundener Rechtsanspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis geltend gemacht werden könne, sondern lediglich ein Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Behörde. Dies war vorliegend der Fall.
Mit der Verlegung einer Kabelbrücke auf dem Gehweg werden insbesondere für Personen mit Gehbehinderungen, die darauf angewiesen sind, einen Rollstuhl oder einen Rollator zu nutzen, die Barrierefreiheit eingeschränkt und Stolperfallen eingebaut. Diese öffentlichen Belange waren höher zu bewerten als das private Interesse des Klägers, seine Elektrofahrzeuge unmittelbar in der Nähe seines Hauses aufladen zu können.
Aspekte des Klimaschutzes zählen übrigens nicht zu den Gesichtspunkten, die im Rahmen einer Ermessensentscheidung zur Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zu berücksichtigen seien.
Schließlich hatte der Kläger auch die Möglichkeit, die Fahrzeuge nacheinander an der Ladestation aufzuladen.
Sonstige Steuern
1. Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen: Kein Einstiegstests nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG
Bei der Übertragung von Anteilen an gewerblich tätigen Kapitalgesellschaften nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG kommt kein Einstiegstest zur Anwendung.
Hintergrund
Die Klägerin erwarb durch Schenkung ihres Vaters alle Anteile an einer GmbH und reichte beim Finanzamt die Schenkungsteuererklärung ein. Darin gab sie als alleinige Vorschenkung eine Geldschenkung von 200.000 EUR im Jahr 2014 an. In der „Anlage Steuerentlastung für Unternehmensvermögen zur Schenkungsteuererklärung“ war unter dem Abschnitt „Sockelbetrag für Finanzmittel“ in Zeile 19 angekreuzt, dass der Hauptzweck des Unternehmens eine Tätigkeit i. S. d. § 13 Abs. 1 EStG, des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG oder des § 18 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG war. Der Beklagte erließ unter dem Vorbehalt der Nachprüfung einen Schenkungsteuerbescheid. Nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG (90 %-Prüfung) konnte eine Begünstigung nach § 13a ErbStG nicht gewährt werden.
Die Klägerin beantragte, den Bescheid über Schenkungsteuer dahingehend zu ändern, dass die Schenkungsteuer unter Anwendung der Regelverschonung gem. § 13a Abs. 1 ErbStG und des Abzugsbetrags gem. § 13a Abs. 2 ErbStG auf 0 EUR festgesetzt wird.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass der Klägerin zu Unrecht der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag i. S. v. § 13a Abs. 1, 2 ErbStG nicht gewährt worden ist. Das begünstigte Vermögen ist nach Maßgabe des § 13a Abs. 1 ErbStG zu 85 % steuerfrei und bleibt im Übrigen, weil der nach Anwendung des § 13a Abs. 1 ErbStG verbleibende Teil des begünstigten Vermögens 150.000 EUR nicht übersteigt, nach § 13a Abs. 2 ErbStG außer Ansatz.
Begünstigtes Vermögen i. S. v. § 13b Abs. 2 bleibt zu 85 % steuerfrei (Verschonungsabschlag), wenn der Erwerb begünstigten Vermögens i. S. d § 13b Abs. 2 ErbStG zuzüglich der Erwerbe i. S. v. § 13a Abs. 1 Satz 2 insgesamt 26 Mio. EUR nicht übersteigt. Die Voraussetzungen für die Gewährung des Verschonungsabschlags sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die übertragenen Gesellschaftsanteile von 100 % an der im Inland ansässigen B-GmbH sind begünstigungsfähiges Vermögen. Da das Verwaltungsvermögen auf 0 EUR festgestellt wurde, sind diese Anteile mit dem festgestellten Wert von X EUR begünstigtes Vermögen, welches die Wertgrenze des § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG nicht überschreitet.
Der Begünstigung des übertragenen Vermögens steht im Streitfall der sog. Einstiegstest nach § 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG nicht entgegen. Diese Norm sieht vor, dass der Wert des begünstigungsfähigen Vermögens vollständig nicht begünstigt ist, wenn das Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 4 ErbStG vor der Anwendung des § 13b Abs. 3 Satz 1 ErbStG, soweit das Verwaltungsvermögen nicht ausschließlich und dauerhaft der Erfüllung von Schulden aus durch Treuhandverhältnisse abgesicherten Altersversorgungsverpflichtungen dient und dem Zugriff aller übrigen nicht aus diesen Altersversorgungsverpflichtungen unmittelbar berechtigten Gläubiger entzogen ist sowie der Schuldenverrechnung und des Freibetrags nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG sowie § 13b Abs. 6, 7 ErbStG mindestens 90 % des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens beträgt.
Zwar ist nach dem gesetzlichen Wortlaut die begehrte Begünstigung im Streitfall vollständig ausgeschlossen, denn das Verwaltungsvermögen beträgt im Streitfall mehr als 90 % des festgestellten gemeinen Wertes der übertragenen Anteile an der inländischen GmbH. Jedoch ist die Vorschrift ihrem Normzweck entsprechend im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend einschränkend auszulegen, dass der Einstiegstest dann nicht zur Anwendung kommt, wenn die betreffende Kapitalgesellschaft ihrem Hauptzweck nach einer Tätigkeit i. S. d. § 13 Abs. 1 EStG, des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, des § 18 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG dient. Auf den Streitfall bezogen bedeutet das im Ergebnis, dass der sog. Einstiegstest zu unterbleiben hat.
2. Wenn ein Inländer nach italienischem Recht erbt
Wenn ein inländischer Erbe nach italienischem Erbrecht erwirbt, entsteht inländische Erbschaftsteuer nicht erst mit der nach italienischem Recht notwendigen Annahme der Erbschaft durch den Erben, sondern mit dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers.
Hintergrund
Der Erblasser war ein italienischer Staatsangehöriger mit letztem Wohnsitz in Italien und dort belegenem Nachlass. Er verstarb im Jahr 2015. Aufgrund gesetzlicher Erbfolge war die X, die damals noch in Deutschland lebte, als Miterbin berufen.
Im Juli 2016 gab X ihren inländischen Wohnsitz auf und verzog nach Italien. Anschließend erklärte sie die Annahme der Erbschaft.
X ging davon aus, dass der Erbfall nicht der deutschen Erbschaftsteuer unterlag. Ihren inländischen Wohnsitz hatte sie zwar zum Todeszeitpunkt des Erblassers innegehabt, aber nicht mehr zum Zeitpunkt der formellen Annahme der Erbschaft nach ihrem Wegzug nach Italien. Sie war daher nicht als steuerpflichtige Inländerin anzusehen.
Das Finanzamt setzte Erbschaftsteuer fest und wies darauf hin, dass die Steuer bereits mit dem Tod des Erblassers und damit zu einem Zeitpunkt entstanden war, an dem die X einen inländischen Wohnsitz hatte.
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der maßgebende Steuerentstehungszeitpunkt war der Zeitpunkt des Todes des Erblassers, nicht der Zeitpunkt der Annahme der Erbschaft.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof folgte dem Urteil des Finanzgerichts und wies die Revision als unbegründet zurück. Die Steuer ist auf den Todestag des Erblassers entstanden. Zu diesem Zeitpunkt hatte die X zumindest ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.
Für den Erwerb eines Erben nach italienischem Erbrecht entsteht inländische Erbschaftsteuer mit dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers und nicht erst mit der Annahme durch den Erben. Bei einem Erbfall nach italienischem Erbrecht tritt mit der Annahme ein Erwerb durch Erbanfall ein. Zwar kann wegen des Annahmeerfordernisses der Erwerb im italienischen Erbrecht nicht allein kraft Gesetzes stattfinden. Die Annahme bewirkt jedoch auch keinen Erwerb allein kraft Rechtsgeschäfts, sondern stellt nur ein neben andere Erwerbsvoraussetzungen tretendes rechtsgeschäftliches Element dar.
Entstehungszeitpunkt der Steuer ist der Tod des Erblassers. Die Annahme der Erbschaft nach italienischem Recht ist nicht als aufschiebende Bedingung zu qualifizieren, sondern als rückwirkendes Ereignis. Denn Wesensmerkmal der Bedingung ist, dass das bedingte Rechtsgeschäft seine Wirkung erst mit Eintritt der Bedingung (für die Zukunft, „ex nunc“) entfaltet. Der bedingt eingesetzte Erbe wird erst mit Eintritt der Bedingung Eigentümer des Nachlasses.
Anders ist es bei der Erbschaftsannahme nach italienischem Recht. Die Annahme ist mit einer Bedingung nicht vergleichbar. Die Erbschaft wird zwar erst mit der Annahmeerklärung erworben, sie wirkt aber auf den Zeitpunkt der Eröffnung der Erbfolge zurück (von Anfang an „ex tunc“). Materiell-rechtlich fällt die Erbschaft daher mit dem Zeitpunkt des Erbfalls an.
Der Grundsatz, dass bei mehreren zur Verfügung stehenden Strukturen des deutschen Rechts die mildere Besteuerung gelten müsse, ändert an dieser Beurteilung nichts. Der Erbschaftserwerb durch Annahme nach italienischem Recht lässt sich nicht wahlweise als bedingter oder unbedingter Erwerb qualifizieren, sondern ist eindeutig kein bedingter Erwerb.
Steuerrecht Arbeitnehmer
1. Darf eine Religionslehrerin eine Israelreise steuermindernd geltend machen?
Der Abzug von Aufwendungen einer Religionslehrerin für eine Israelreise als Werbungskosten kommt nicht in Betracht, wenn die Reise nicht nur beruflich, sondern auch privat veranlasst ist und sich die beiden Veranlassungsbeiträge nicht nach objektiven Kriterien trennen lassen.
Hintergrund
Die Klägerin war als Lehrerin für die Fächer Religion, Geschichte und Erdkunde tätig. Sie nahm vom 18.10.2019-26.10.2019 an einer vom Schulträger organisierten Studienfahrt nach Israel teil. Das Finanzamt erkannte diese Aufwendungen nicht an, da sich die Reise nicht von einer allgemein-touristischen Reise unterscheidet und nicht festgestellt werden kann, in welcher Weise sie konkret für den Unterricht erforderlich gewesen ist.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Ob und inwieweit Aufwendungen für eine Reise in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einkunftsart stehen, hängt von den Gründen ab, aus denen der Steuerpflichtige die Reise oder verschiedene Teile einer Reise unternimmt. Die Gründe bilden das „auslösende Moment“, das den Steuerpflichtigen bewogen hat, die Reisekosten zu tragen. Die Gründe des Steuerpflichtigen für eine bestimmte Reise sind anhand der gesamten Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu ermitteln.
Enthält eine Reise abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind (z. B. einer beruflich veranlassten Reise wird ein Urlaub hinzugefügt), so ist der beruflich veranlasste Teil der Reisekosten zum Abzug zuzulassen, wobei dieser Anteil ggf. unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen ist. Greifen dagegen die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge (z. B. bei einer beruflich/privaten Doppelmotivation für eine Reise) so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich ist, so kommt ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht.
Der private Anlass der Reise ergab sich zunächst aus dem Programm, das nahezu ausschließlich Ziele enthielt, die von allgemein-touristischem und kulturellem Interesse sind und typischerweise von privaten Israel-Touristen besucht werden. Während der 8-tägigen Reise fanden insgesamt 4 Gottesdienste statt. Der Besuch von Gottesdiensten ist in erster Linie Ausdruck der höchstpersönlichen Religionsausübung und damit privat veranlasst. Dass die Reise auch privaten Interessen diente, ergibt sich ferner aus der Tatsache, dass das Konzept einer Studienfahrt für Religionslehrer nach Israel über den reinen Besuch historischer Stätten hinausgeht. Daraus ergibt sich auch theologisch-inhaltlich ein „roter Faden“ für diese Reise. Aus der Bezugnahme auf die historischen Stätten folgt, dass jedenfalls auch Orte von allgemeinem touristischem und kulturellem Interesse besucht wurden.
Die beruflichen und die privaten Veranlassungsmomente der Reise waren beide derart gewichtig, dass nicht einer von beiden als von untergeordneter Bedeutung angesehen werden konnte. Die besuchten Ziele wurden einerseits in einen unterrichtsbezogenen Kontext gestellt, haben aber andererseits sowohl allgemein-touristische als auch religiöse und geschichtliche Bedeutung. Daneben nahm auch die höchstpersönliche Religionsausübung durch den Besuch von Gottesdiensten einen bedeutenden Stellenwert der Reise ein.
2. Erforderlichkeit eines häuslichen Arbeitszimmers ist keine Abzugsvoraussetzung
Voraussetzung für den steuerlichen Abzug von Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer ist, dass der Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche bzw. berufliche Zwecke genutzt wird. Keine Rolle spielt, ob das häusliche Arbeitszimmer für die Tätigkeit erforderlich ist.
Hintergrund
S ist in Vollzeit als Flugbegleiterin tätig. Sie machte für 2013 Aufwendungen von 1.250 EUR für ein Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend. Dort bereitete sie sich auf die anstehenden Flüge vor. Für diese Arbeiten stand ihr unstreitig kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. S legte dar, dass sie in den Flugzeugen keine Möglichkeit hat, sich auf die Flüge vorzubereiten. Sie muss sich vor jedem Flug in das Informationssystem der Fluggesellschaft einwählen, um wichtige Informationen zu erhalten (Dienstpläne, Zollbestimmungen, Routenverlauf, Sicherheitsvorkehrungen usw.). Im Jahr 2013 absolvierte sie 134 Flugtage.
Das Finanzamt und ihm folgend das Finanzgericht lehnten den Werbungskostenabzug ab, da sie wegen des sehr geringen Anteils dieser Arbeiten im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit der S das Vorhalten des Arbeitszimmers nicht für erforderlich hielten. S konnte diese Arbeiten im Umfang von rund 50 Stunden im Jahr ebenso an einem Tisch in einem anderen Raum des Hauses (z. B. am Küchentisch) erledigen.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied, dass das häusliche Arbeitszimmer für die Tätigkeit nicht erforderlich sein muss.
Häusliches Arbeitszimmer ist ein Raum, der seiner Ausstattung nach der Erzielung von Einnahmen dient und ausschließlich oder nahezu ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Ein häusliches Arbeitszimmer dient vorwiegend der Erledigung gedanklicher oder schriftlicher Arbeiten. Der Raum ist typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet und muss (nahezu) ausschließlich zur Erzielung von Einkünften genutzt werden. Aufwendungen für in die häusliche Sphäre eingebundene und gemischt (sowohl beruflich als auch privat) genutzte Räume, sind dagegen insgesamt nicht abziehbar. Im Streitfall entsprach der fragliche Raum unstreitig dem Typus eines häuslichen Arbeitszimmers. Er war räumlich abgeschlossen und mit den üblichen Büromöbeln eingerichtet.
Die Voraussetzungen und die Höhe der abziehbaren Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind in § § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG abschließend bestimmt. Damit ist die Erforderlichkeit kein Merkmal des Abzugstatbestands.
Ein zusätzliches (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit lässt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung entnehmen. Denn mit den beiden geregelten Fallgruppen sollen gerade Streitigkeiten über die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers vermieden werden. Dass S die Arbeiten, für die ihr kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand, am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum hätte erledigen können, ist daher unerheblich.
3. Verkauf eines Smartphones an den Arbeitgeber kann lohnsteuerfrei sein
Verkauft ein Arbeitnehmer sein Handy für einen symbolischen Preis an seinen Arbeitgeber, der dann das Gerät dem Arbeitnehmer zur dienstlichen und privaten Nutzung überlässt und die kompletten laufenden Kosten übernimmt, stellt dies keinen Gestaltungsmissbrauch dar. Die Kostenübernahme bleibt lohnsteuerfrei § 3 Nr. 45 EStG.
Hintergrund
Die Arbeitnehmer verkauften im Rahmen eines Gestaltungsmodells ihre privaten Handys für einen symbolischen Preis von 1 bis 6 EUR an ihren Arbeitgeber. Dieser stellte die Geräte anschließend den Arbeitnehmern wieder für die private und dienstliche Nutzung zur Verfügung. Auch übernahm der Arbeitgeber die Kosten für die laufenden Mobilfunkverträge der Arbeitnehmer. Die Kostenübernahme erstreckte sich auch auf den Aufwand für Wartung und Reparaturen. Die Überlassung der Geräte war an das Bestehen des Arbeitsverhältnisses geknüpft.
Das Finanzamt stufte das Entlohnungsmodell als unangemessene rechtliche Gestaltung ein und versagte für die Kostenübernahme die Lohnsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 45 EStG.
Entscheidung
Die Klage vor dem Finanzgericht hatte Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass die Kostenübernahme steuerfrei war. Nach § 3 Nr. 45 EStG bleiben Vorteile steuerfrei, die einem Arbeitnehmer aus der privaten Nutzung von betrieblichen Datenverarbeitungs- oder Telekommunikationseinrichtungen erwachsen (z. B. Personalcomputer, Laptops, Smartphones, Tablets, Handys). Im vorliegenden Fall war ein solches betriebliches Telekommunikationsgerät überlassen worden, da der Arbeitgeber sowohl das zivilrechtliche als auch das wirtschaftliche Eigentum an den Geräten erlangt hatte.
Es bestanden keine Anzeichen für ein unwirksames Scheingeschäft. Zwischen den Vertragspartnern bestand nicht nur Einigkeit über den Eigentumsübergang. Der Arbeitgeber war für die gewöhnliche Nutzungsdauer der Smartphones auch nicht von der Einwirkung auf diese Geräte ausgeschlossen, da er den Überlassungsvertrag hätte kündigen können.
Es lag ferner kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vor. Selbst der niedrige Kaufpreis der Geräte vermochte einen solchen Missbrauch nicht zu begründen.
Steuerrecht Privatvermögen
1. Aufnahme von Angehörigen: Wann sind Unterhaltsaufwendungen abziehbar?
Unterhaltsleistungen an Angehörige, die nicht unterhaltsberechtigt sind, können nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Dies gilt auch dann, wenn sich der Steuerpflichtige verpflichtet hat, die Kosten für den Lebensunterhalt der Angehörigen zu tragen.
Hintergrund
Die klagenden Eheleute nahmen im Jahr 2014 eine ukrainische Familie auf. Der Kläger hatte eine entsprechende Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG unterzeichnet, eine sog. Verpflichtung zur Erstattung der Aufwendungen für den Lebensunterhalt eines Ausländers.
Daraufhin waren die Schwester der Klägerin sowie deren Ehemann und Tochter nach Deutschland eingereist. Die Kläger stellten Wohnräume zur Verfügung und übernahmen die Aufwendungen für Lebensmittel, Versicherungen, Rechtsanwalt und Sprachkurse. Später erhielten die aufgenommenen Personen den Aufenthaltsstatus „Aussetzung der Abschiebung“ (= Duldung).
Die Kläger machten für 2014 Unterhaltsaufwendungen von rund 16.000 EUR als außergewöhnliche Belastungen geltend, die das Finanzamt nicht berücksichtigte.
Das Finanzgericht gab der Klage statt. Es sah die Leistungen aufgrund der Verpflichtung nach § 68 AufenthG aus sittlichen Gründen für zwangsläufig an.
Entscheidung
Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass die Aufwendungen nicht steuermindernd zu berücksichtigen sind.
Aufwendungen für Unterhalt oder Berufsausbildung einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person können bis zur Höhe des Grundfreibetrags im Jahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden.
Die gesetzlich vorausgesetzte gesetzliche Unterhaltsberechtigung richtet sich nach dem Zivilrecht. Danach sind Verwandte in gerader Linie unterhaltsberechtigt, nicht dagegen Verwandte in der Seitenlinie. Damit waren die Schwester der Klägerin sowie deren Ehemann und Tochter keinem der Eheleute gegenüber zivilrechtlich unterhaltsberechtigt.
Der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person wird eine Person gleichgestellt, wenn bei ihr zum Unterhalt bestimmte öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden.
Das liegt hier nicht vor. Den Angehörigen sind keine zum Unterhalt bestimmte Mittel mit Rücksicht auf etwaige Unterhaltsleistungen der Eheleute gekürzt worden. Denn einem Ausländer stehen trotz einer Verpflichtungserklärung öffentliche Leistungen zu, wenn der Verpflichtete nicht für seinen Lebensunterhalt aufkommt. Die Sozialleistungen dürfen nicht unter Verweis auf die Verpflichtungserklärung verweigert werden. Folglich kommt eine Berücksichtigung des Unterhalts als außergewöhnliche Belastung nicht in Betracht.
Aus der Verpflichtungserklärung folgt kein gesetzlicher Unterhaltsanspruch. § 68 AufenthG begründet keine unmittelbaren Ansprüche des Ausländers gegen denjenigen, der die Verpflichtungserklärung unterzeichnet hat. Der Anspruch nach § 68 AufenthG ist lediglich als öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Ausländerbehörde für die verausgabten öffentlichen Mittel ausgestaltet.
Eine Berücksichtigung nach dem Grundtatbestand des § 33 EStG scheidet selbst bei Annahme einer sittlichen Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung aus. Denn für die Fallgruppe der typischen Unterhaltsaufwendungen (hier: Wohnung, Lebensmittel, Versicherungen) enthält § 33a Abs. 4 EStG eine abschließende Regelung. Ein Rückgriff auf § 33 EStG ist nicht möglich. § 33a Abs. 4 EStG schließt die Anwendung von § 33 EStG auch dann aus, wenn Aufwendungen für den Unterhalt einer nicht gesetzlich unterhaltsberechtigten Person geltend gemacht werden.
2. Nicht verheiratete Eltern: Kann der Kinderfreibetrag übertragen werden?
Eltern, die in einer funktionierenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft leben, können den Kinderfreibetrag nicht übertragen, wenn beide ihrer Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind im Wesentlichen nachkommen. Dabei spielt es keine Rolle, wenn ein Elternteil die Unterhaltspflicht vor allem durch Betreuungsleistungen erfüllt.
Hintergrund
M und V lebten in nichtehelicher Lebensgemeinschaft in einem gemeinsamen Haushalt mit ihren beiden Kindern. M erzielte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit sowie aus Vermietung und Verpachtung (Gesamtbetrag der Einkünfte zwischen 72.000 EUR und 77.000 EUR). V erzielte lediglich rund 10.000 EUR.
Das Finanzamt lehnte die Übertragung der Freibeträge für die Zeit der Minderjährigkeit der Kinder ab. V leistete während dieses Zeitraums Betreuungsunterhalt und verletzte damit seine Unterhaltspflicht nicht. Das Finanzgericht wies die Klage der M gegen die Ablehnung der Übertragung der Freibeträge des V für die minderjährigen Kinder ab.
Entscheidung
Die Revision der M hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Voraussetzungen für die Übertragung der Freibeträge nicht vorlagen. Denn V ist seiner Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern durch Betreuungsleistungen nachgekommen.
Der Kinderfreibetrag kann auf Antrag eines Elternteils auf ihn übertragen werden, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil, seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind im Wesentlichen nachkommt (oder der andere Elternteil mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist). Der Elternteil, der ein minderjähriges unverheiratetes Kind betreut, erfüllt seine Unterhaltsverpflichtung in der Regel durch dessen Pflege und Erziehung. Der andere, nicht betreuende Elternteil gewährt den Unterhalt durch Zahlung einer Geldrente.
Die gesetzliche Regelung geht somit davon aus, dass ein Elternteil das minderjährige Kind betreut und versorgt, während der andere die hierfür erforderlichen Mittel zur Verfügung stellt.
Die Frage, wie die Eltern die unterschiedlichen Bedarfe untereinander aufteilen, ist eine Frage des elterlichen Sorgerechts. Da für nicht miteinander verheiratete Eltern die Vorschriften über den Familienunterhalt nicht anwendbar sind, regeln die Eltern ihre Unterhaltspflicht gegenüber ihren Kindern grundsätzlich durch Absprache oder tatsächliche Handhabung. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass die tatsächliche Verteilung der Unterhaltsleistungen dem Willen des allein sorgeberechtigten Elternteils oder der gemeinsam sorgeberechtigten Elternteile entspricht.
Hiervon ausgehend ist V seiner Unterhaltspflicht im Wesentlichen nachgekommen. Eine Verletzung der Unterhaltpflicht ist nicht gegeben. Auch wenn V deutlich geringere Einkünfte erzielte als M, war er verpflichtet, daraus Barunterhalt (Naturalunterhalt) an die Kinder zu leisten. Dies gilt jedenfalls insoweit, als er nicht außerstande war, dies ohne Gefährdung seines eigenen Unterhalts zu tun. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass V dieser materiellen Unterhaltspflicht genügt hat.
Die Unterhaltspflicht des V umfasst zum anderen eine Pflicht zum Betreuungsunterhalt. Dieser Verpflichtung ist V ebenfalls nachgekommen.
3. Unterstützung der vom Ukraine-Krieg Geschädigten: Steuerliche Erleichterungen
In Deutschland gibt es zahlreiche Hilfsaktionen für Geschädigte vom Krieg in der Ukraine. Die Finanzverwaltung gewährt z. B. Erleichterungen für die steuerliche Geltendmachung von Spenden. Die Maßnahmen sollen vom 24.2.2022 bis 31.12.2022 gewährt werden. Das Wichtigste im Überblick.
Spendennachweise
Die Finanzverwaltung gewährt Erleichterungen bei der steuerlichen Anerkennung von Spenden.
Als Nachweis der Zuwendungen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten wird ein für die Einzahlung eingerichtetes Sonderkonto einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts, einer inländischen öffentlichen Dienststelle oder eines inländischen amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege einschließlich seiner Mitgliedsorganisationen anerkannt oder bis zur Einrichtung des Sonderkontos auf ein anderes Konto der genannten Zuwendungsempfänger, der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitute (z. B. der Kontoauszug, Lastschrifteinzugsbeleg oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking).
Bei einer Einzahlung der Zuwendung auf ein Treuhandkonto geführtes Konto eines Dritten auf eines der genannten Sonderkonten, genügt als Nachweis der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Zuwendenden zusammen mit einer Kopie des Bareinzahlungsbelegs oder der Buchungsbestätigung des Kreditinstituts des Dritten.
Bei Zuwendungen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten, die bis zum 31.12.2022 über ein Konto eines Dritten an eine inländische juristische Person des öffentlichen Rechts, an eine inländische öffentliche Dienststelle oder an eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG steuerbefreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse geleistet werden, genügt als Nachweis eine auf den jeweiligen Zuwendenden ausgestellten Zuwendungsbestätigung des Zuwendungsempfängers, wenn das Konto des Dritten als Treuhandkonto geführt wurde, die Zuwendungen von dort an den Zuwendungsempfänger weitergeleitet wurden und diesem eine Liste mit den einzelnen Zuwendenden und ihrem jeweiligen Anteil an der Zuwendungssumme übergeben wurde.
Der Zuwendende muss als Nachweis auf Verlangen der Finanzbehörde erforderliche Unterlagen vorlegen und bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe der Steuerfestsetzung aufbewahren.
Spendenaktionen von steuerbegünstigten Körperschaften
Grundsätzlich dürfen steuerbegünstigte Körperschaften keine Mittel für steuerbegünstigte Zwecke verwenden, die sie nach ihrer Satzung nicht fördert. Doch wenn sie in diesem Falle zu Spenden zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten auffordert und diese nicht zu Zwecken verwenden kann, die sie nach ihrer Satzung fördert, werden nach dem BMF-Schreiben Erleichterungen gewährt.
Wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft sonstige bei ihr vorhandene Mittel, die keiner anderweitigen Bindungswirkung unterliegen, ohne Änderung der Satzung zur unmittelbaren Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten einsetzt, ist dies ausnahmsweise unschädlich. Entsprechendes gilt für die Überlassung von Personal und von Räumlichkeiten. Auf den Nachweis der Hilfsbedürftigkeit kann hier verzichtet werden.
Steuerliche Behandlung von Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen
Für Aufwendungen des Steuerpflichtigen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten ist nach den Maßgaben des BMF-Schreibens vom 18.2.1998 der Betriebsausgabenabzug möglich. Demnach liegen Aufwendungen vor, wenn der Sponsor wirtschaftliche Vorteile, die in der Sicherung oder Erhöhung seines unternehmerischen Ansehens liegen können, für sein Unternehmen erstrebt. Dies kann z. B. durch öffentlichkeitswirksame Berichterstattung erreicht werden.
Arbeitslohnspende
Arbeitslohnspenden bleiben bei der Feststellung des lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohns außer Ansatz, wenn der Arbeitgeber die Verwendungsauflage erfüllt und dies dokumentiert. Dies gilt für den Verzicht auf Teile des Arbeitslohns oder Teile eines angesammelten Wertguthabens
- • zugunsten einer steuerfreien Beihilfe und Unterstützung des Arbeitgebers an vom Krieg in der Ukraine geschädigte Arbeitnehmer des Unternehmens oder Arbeitnehmer von Geschäftspartnern oder
- • zugunsten einer Zahlung des Arbeitgebers auf ein Spendenkonto einer spendenempfangsberechtigten Einrichtung i. S. d. § 10b Absatz 1 Satz 2 EStG.
Entsprechende Regelungen gelten für Beamte, Richter, Soldaten oder Tarifbeschäftigte. Arbeitgeber müssen den außer Ansatz bleibenden Arbeitslohn im Lohnkonto aufzeichnen, es sei denn, der Arbeitnehmer erteilt den Verzicht schriftlich und die Erklärung wird zum Lohnkonto genommen. Es ist keine Angabe in der Lohnsteuerbescheinigung hierzu zu machen.
Die steuerfrei belassenen Lohnteile dürfen steuerlich nicht als Spende in der Steuererklärung geltend gemacht werden.
Schenkungsteuer
Wenn es sich bei den Zuwendungen um Schenkungen handelt, können ggf. Steuerbefreiungen nach § 13 ErbStG gewährt werden. Das kann u. a. gegeben sein bei Zuwendungen an gemeinnützige Körperschaften und Zuwendungen, die ausschließlich kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken gewidmet sind, soweit deren Verwendung zu diesem Zweck gesichert ist.
Steuerrecht Unternehmer
1. Anwaltshaftung: Keine Belehrung über Umfang einer Beurkundung
Beim Umfang der Beurkundungspflicht dürfen Rechtsanwälte auf die Fachkompetenz des Notars vertrauen. Zwar haben Rechtsanwälte in Fällen einer Vertragsberatung die Pflicht, den Mandanten auf ein mögliches Beurkundungserfordernis hinzuweisen. Die Belehrungspflicht umfasst jedoch nicht die Einzelheiten einer Beurkundung.
Hintergrund
Die Klägerin, eine Baugesellschaft, hatte sich von ihrem Anwalt im Vorfeld des Kaufs eines städtischen Grundstücks beraten lassen. Die Gesellschaft wollte mit dem Erwerbsgeschäft über das Grundstück einen Miet- und Bürgschaftsvertrag mit der Stadt zu verbinden.
3 Tage vor der geplanten notariellen Beurkundung fand die abschließende Beratung des Geschäftsführers der Baugesellschaft in der Rechtsanwaltskanzlei statt. In einem anschließenden Schreiben übersandte der Anwalt der Baugesellschaft den abschließenden Kaufvertragsentwurf und wies darauf hin, dass diesem der abzuschließende Mietvertrag sowie die Bürgschaftserklärung als Anlagen beigefügt werden müssten. Der Kaufvertragsentwurf selbst enthielt eine Bezugnahme auf diese Anlagen und erklärte sie zu einem wesentlichen Bestandteil des Kaufvertrages.
Im späteren Notartermin wurde der Kaufvertrag ordnungsgemäß beurkundet, nicht aber die Bürgschaftserklärung und der Mietvertrag. Diese wurden auch nicht im Notartermin gesondert verlesen. Die Eigentumsübertragung scheiterte. Der Übertragungsvertrag wurde in einem separaten Verfahren wegen fehlender Verlesung der Vertragsanlagen und wegen fehlender notarieller Beurkundung der Zusatzverträge insgesamt für nichtig erklärt.
Die Baugesellschaft verklagte daraufhin den beratenden Rechtsanwalt auf Schadensersatz wegen entgangener Mieterträge, Gerichts- und Anwaltskosten sowie der Rückabwicklungskosten.
Die Klägerin vertrat die Auffassung, der Rechtsanwalt hatte seine Beratungspflichten verletzt, weil er die Klägerin nicht ausdrücklich auf das Erfordernis der Beurkundung auch des Miet- und des Bürgschaftsvertrages hingewiesen hatte.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Landgericht verneinte einen Schadensersatzanspruch gegen den Anwalt wegen Verletzung der Pflichten aus dem Anwaltsvertrag. Der Rechtsanwalt ist grundsätzlich zu einer umfassenden und möglichst erschöpfenden Beratung seines Mandanten verpflichtet. Dies umfasst auch die Pflicht, den Mandanten vor vermeidbaren Irrtümern zu bewahren. Der Anwalt muss im Rahmen der Beratung über ein Vorhaben seinem Auftraggeber einen möglichst sicheren und gefahrlosen Weg vorschlagen.
Die Übertragung dieser Grundsätze auf die Beratung im Rahmen eines beabsichtigten Vertragsabschlusses bedeutet, dass der Anwalt den Mandanten grundsätzlich nicht nur auf die Formbedürftigkeit von Verträgen als solche hinweisen muss, vielmehr muss er diesem auch die Risiken deutlich machen, die mit einem Vertragsabschluss ohne Beachtung der gesetzlich vorgeschriebenen Form verbunden wären.
Im konkreten Fall hatte der beklagte Anwalt seinen Mandanten abschließend einige Tage vor dem bereits angesetzten Termin zur notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrages beraten. Der Geschäftsführer der Klägerin hatte also Kenntnis von dem Erfordernis der notariellen Beurkundung. Ein zusätzlicher Hinweis auf das Erfordernis der notariellen Beurkundung war damit nicht mehr erforderlich gewesen.
Hinsichtlich der Art und des Umfangs der Beurkundungspflicht durfte der Rechtsanwalt auf die Fachkompetenz des Notars vertrauen. Insbesondere durfte er unterstellen, dass der Notar die Einzelheiten des Beurkundungserfordernisses von sich aus beachten und dieser den Grundstückskaufvertrag einschließlich der als Vertragsbestandteile beigefügten Anlagen (Mietvertrag und Bürgschaftsvertrag) ordnungsgemäß verlesen und notariell beurkunden wird. Die ausdrückliche Formulierung in dem Kaufvertragsentwurf, dass die beiden Anlagen wesentlicher Bestandteil des Kaufvertrages sind, war unmissverständlich und daher vom Notar zu beachten gewesen.
2. Erbringt ein Verfahrenspfleger umsatzsteuerfreie Leistungen?
Wird ein Verfahrenspfleger für Betreuungs- und Unterbringungssachen gerichtlich bestellt, sind die Umsätze aus dieser Tätigkeit von der Umsatzsteuer befreit.
Hintergrund
X war in den Jahren 2014 und 2015 u.a. als Verfahrenspfleger in Betreuungssachen und in Unterbringungssachen tätig.
Das Finanzamt ging von der Steuerpflicht der Umsätze aus. Dem folgte das Finanzgericht und wies die Klage ab. Die Verfahrenspflegschaften sind auf das gerichtliche Verfahren in Betreuungs- und Unterbringungssachen beschränkt. Damit wird keine umfassende Personen- oder Vermögenssorge wahrgenommen.
X verwies dagegen auf die Rechtsprechung des BFH zur Steuerfreiheit der Umsätze eines Verfahrensbeistands. Für die Tätigkeit als Verfahrenspfleger in Betreuungs- und Unterbringungssachen kann nichts anderes gelten. Der einzige Unterschied liegt darin, dass er, X, als Verfahrenspfleger nicht gegenüber Kindern, sondern gegenüber volljährigen Personen tätig wird, die ihre Angelegenheiten aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ganz oder teilweise nicht selbst besorgen können.
Entscheidung
Die Revision des X hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die Umsätze des X als Verfahrenspfleger in Betreuungs- und Unterbringungssachen steuerfrei nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL sind.
Die Steuerbefreiung knüpft an leistungs- und an personenbezogene Voraussetzungen an: Es muss sich um eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen handeln (leistungsbezogene Voraussetzung). Diese Leistungen müssen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder anderen Einrichtungen erbracht werden, die von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit im Wesentlichen sozialem Charakter anerkannt worden sind (personenbezogenes Merkmal). Beide Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
Die vor der Bestellung eines Betreuers oder vor der Anordnung einer (geschlossenen) Unterbringung tätigen Verfahrenspfleger erbringen Leistungen an (körperlich oder wirtschaftlich) hilfsbedürftige Personen. Die Leistungen des Verfahrenspflegers sind für die unter die Sozialfürsorge und die soziale Sicherheit fallenden Leistungen von Betreuern in rechtlicher Hinsicht unerlässlich. Denn die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung der geschlossenen Unterbringung setzt die Mitwirkung des Verfahrenspflegers voraus.
Fehlt es an der Beteiligung des Verfahrenspflegers, ist die Maßnahme verfahrensfehlerhaft und der entsprechende Beschluss (des Amtsgerichts) wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Ohne wirksamen Beschluss kann die als Betreuer vorgesehene Person nicht für den Hilfsbedürftigen tätig werden und die zum Schutz des Betroffenen erforderliche Unterbringungsmaßnahme nicht erfolgen. Die Leistungen des X als Verfahrenspfleger in Betreuungs- und Unterbringungssachen sind somit „eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen“ i.S.v. Art. 132 Abs. 1 Buchst. g MwStSystRL.
Der Verfahrenspfleger ist auch als soziale Einrichtung anerkannt. Einer Anerkennung steht nicht entgegen, dass es sich bei X um eine natürliche Person mit Gewinnerzielungsabsicht handelt. Die Anerkennung als soziale Einrichtung ergibt sich aus dem Bestehen spezifischer Vorschriften für Verfahrenspfleger, deren Tätigkeit im Gemeinwohlinteresse sowie aus der Anerkennung anderer Steuerpflichtiger mit gleichen Tätigkeiten („Neutralitätsprinzip“). An der Tätigkeit eines Verfahrensbeistands in Betreuungs- und Unterbringungssachen besteht ein besonderes Gemeinwohlinteresse. Denn in diesen Verfahren geht es fast ausschließlich um intensive Grundrechtseingriffe gegenüber Hilfsbedürftigen, sei es, weil eine Betreuerbestellung erfolgt, eine weitergehende Betreuungsmaßnahme beschlossen wird oder weil eine Maßnahme unterlassen und der Rechtsanspruch auf rechtliche Betreuung nicht erfüllt wird.
Die getätigten Umsätze des X als Verfahrenspfleger sind im Ergebnis steuerfrei zu stellen. Der Vorsteuerabzug ist entsprechend zu kürzen.
3. Luxuswagen im Betriebsvermögen können nach der 1 %-Regelung zu besteuern sein
Die Anwendung der 1 %-Regelung auf Luxusfahrzeuge des Betriebsvermögens kommt auch dann in Betracht, wenn noch weitere hochpreisige Fahrzeuge im Privatvermögen vorhanden sind.
Hintergrund
Der Kläger war als selbstständiger Prüfsachverständiger tätig. Im Privatvermögen hielt er einen Ferrari und einen Jeep Commander, im Betriebsvermögen einen geleasten BMW und einen geleasten Lamborghini.
Bei einer Betriebsprüfung reichte der Kläger verschiedene Kopien von Fahrtenbüchern für die beiden betrieblichen Fahrzeuge ein, die das Finanzamt mangels Lesbarkeit jedoch nicht anerkannte. Für die Privatnutzung beider Fahrzeuge wandte das Finanzamt deshalb die 1 %-Regelung an. Der Kläger war dagegen der Auffassung, dass die Fahrzeuge ausschließlich betrieblich genutzt werden. Der für eine Privatnutzung sprechende Beweis des ersten Anscheins war außerdem entkräftet worden, da für private Fahrten schließlich gleichwertige Fahrzeuge im Privatvermögen zur Verfügung standen.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht entschied, dass das Finanzamt die Nutzungsentnahmen für den Lamborghini und den BMW zu Recht entsprechend der 1 %-Regelung angesetzt hatte. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden dienstliche bzw. betriebliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt. Dieser Beweis des ersten Anscheins kann zwar entkräftet oder erschüttert werden. Dafür reicht aber nicht die Behauptung, dass für Privatfahrten weitere private Fahrzeuge zur Verfügung standen.
Der Anscheinsbeweis war im vorliegenden Fall gerade nicht entkräftet worden. Zum einen lagen keine ordnungsgemäßen Fahrtenbücher vor, die eine Privatnutzung hätten ausschließen können. Zum anderen konnte auch der Umstand, dass andere Luxusfahrzeuge im Privatvermögen gehalten wurden, den Anscheinsbeweis nicht widerlegen. Das Finanzamt hatte zudem zu Recht den Betriebsausgabenabzug für die Leasingkosten des Lamborghini in Höhe von rund 6.500 EUR pro Monat als unangemessenen Repräsentationsaufwand eingestuft und entsprechend gekürzt. Für die 1 %-Versteuerung war trotzdem der volle Bruttolistenneupreis anzusetzen.
4. Unterbricht eine BZSt-Online-Anfrage die Zahlungsverjährung?
Die Außenwirkung, die für eine Verjährungsunterbrechung erforderlich ist, ist auch dann gegeben, wenn das Finanzamt eine BZSt-Online-Anfrage durchführt und dabei direkt auf die IdNr.-Datenbank zugreift.
Hintergrund
X ist „Auslandsrentner“. Er beantragte im Jahr 2016 den Erlass des Abrechnungsbescheids. Mit Ablauf des Jahres 2015 war seiner Meinung nach Zahlungsverjährung für rückständige Steuern eingetreten. Denn die Ansprüche waren letztmals durch eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 16.7.2010 geltend gemacht worden. Der Datenabruf beim BZSt vom 1.12.2005 hatte die Verjährungsfrist nicht unterbrochen. Denn dem Finanzamt war seine Postanschrift bekannt, sodass kein Anlass zu Ermittlungen über seinen Wohnsitz bestand.
Mit dem daraufhin erlassenen Abrechnungsbescheid stellte das Finanzamt fest, dass die Steuerrückstände nicht durch Zahlungsverjährung erloschen waren.
Das Finanzgericht wies die Klage des X ab, denn der zuständigen Sachbearbeiterin des Finanzamts waren Wohnsitz oder Aufenthaltsort des X nicht bekannt gewesen.
Entscheidung
Die Revision hatte keinen Erfolg. Der Bundesfinanzhof entschied, dass die im Abrechnungsbescheid aufgeführten Ansprüche nicht durch Verjährung erloschen waren. Denn die BZSt-Online-Anfrage vom 1.12.2015 unterbrach die Verjährung nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AO.
Die Verjährungsunterbrechung setzt eine nach außen wirkende Maßnahme voraus. Rein innerdienstliche Maßnahmen genügen nicht. Allerdings muss der Zahlungspflichtige nichts von dieser Maßnahme erfahren. Entscheidend ist allein, dass das Finanzamt den Entschluss fasst, seinen Zahlungsanspruch durchzusetzen, und dies über den rein innerdienstlichen Bereich hinaus nach außen sichtbar wird.
Vorliegend ergibt sich die Außenwirkung aufgrund der konkreten Online-Anfrage in der IdNr.-Datenbank des BZSt. Auch wenn das Finanzamt darauf automatisiert zugreifen kann, kontaktiert es damit eine andere Behörde mit der für die Unterbrechung der Verjährung erforderlichen Außenwirkung.
Für eine Verjährungsunterbrechung durch Ermittlungen zum Wohnsitz bzw. Aufenthaltsort muss hinzukommen, dass das Finanzamt einen besonderen Anlass hatte, entsprechende Ermittlungsmaßnahmen einzuleiten. Es darf sich nicht um eine rein schematische Wohnsitzanfrage handeln. Der besondere Anlass bestand vorliegend darin, dass der Wohnsitz bzw. Aufenthaltsort des Zahlungspflichtigen unbekannt war.
Dass die richtige Anschrift des X in der Datenbank des BZSt gespeichert war, führt nicht zur Kenntnis der den Fall bearbeitenden Dienststelle des Finanzamts. Zwar sind dieser sämtliche Informationen, die dem Bearbeiter von vorgesetzten Dienststellen über ein elektronisches Informationssystem zur Verfügung gestellt werden, bekannt, ohne dass es insoweit auf die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters ankommt. Beim BZSt handelt es sich aber nicht um eine dem Finanzamt vorgesetzte Stelle, sondern um eine andere Behörde. Das Finanzamt ist Landes-, das BZSt Bundesbehörde.
5. Unterliegen Geldspielautomatenumsätze der Umsatzsteuer?
Umsätze mit virtuellen Automatenspielen im Internet sind umsatzsteuerfrei. Gilt das auch für terrestrische Spiele? Das FG Münster meint, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität es verbietet, gleichartige und deshalb miteinander in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln.
Hintergrund
Der Antragsteller ist ein Geldspielhallenbetreiber. Seiner Ansicht nach sind seine Glücksspielumsätze umsatzsteuerfrei, da virtuelles Automatenspielen im Internet – im Gegensatz zu den Glücksspielumsätzen des Antragstellers – seit 1.7.2021 umsatzsteuerfrei ist. Gegen den gegenteiligen Bescheid des Finanzamts legte er Einspruch ein. Nach Ablehnung durch das Finanzamt beantragte der Antragsteller beim Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung.
Entscheidung
Der Antrag hatte Erfolg. Das Finanzgericht ordnete die Aufhebung der Vollziehung an. Denn seiner Auffassung nach bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzung, weil aufgrund der Neufassung des Rennwett- und Lotteriegesetzes v. 25.6.2021 von Anfang an Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung bestanden.
Virtuelle Automatenspiele sind unter bestimmten Voraussetzungen seit 1.7.2021 im Internet erlaubt. Sie unterliegen der virtuellen Automatensteuer. Unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallende Umsätze sind umsatzsteuerfrei, wenn sie nicht von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder die Rennwett- und Lotteriesteuer von diesen Umsätzen allgemein nicht erhoben wird. Nach dieser Regelung unterfallen daher terrestrische Geldspielumsätze der Umsatzsteuer, während virtuelle Geldspielumsätze ab 1.7.2021 umsatzsteuerfrei sind, weil sie dem Rennwett- und Lotteriegesetz unterliegen.
Nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. i. MwStSystRL ist die Veranstaltung oder der Betrieb von Glücksspielen und Glücksspielgeräten grundsätzlich von der Mehrwertsteuer zu befreien. Hierbei dürfen die Mitgliedstaaten aber die Bedingungen und Grenzen dieser Befreiung festlegen. Bei der Ausübung dieser Zuständigkeit müssen die Mitgliedstaaten jedoch den Grundsatz der steuerlichen Neutralität beachten.
Bei summarischer Prüfung besteht für die Zeiträume ab 1.7.2021 ein Verstoß gegen den umsatzsteuerlichen Grundsatz der Neutralität, indem virtuelle Geldspielumsätze von der Umsatzsteuer befreit sind, während die sog. terrestrischen Geldspielumsätze, also solche, bei denen die Spieler in den Spielhallen körperlich anwesend sind, umsatzsteuerpflichtig sind. Für den sog. Durchschnittsverbraucher kommt es auf das Spielerlebnis und den erzielbaren Gewinn an; deshalb dürfte es für ihn keine Rolle spielen, ob er virtuell oder terrestrisch spielt.
Auch gehören nach der EuGH-Rechtsprechung Geldspielautomaten sämtlich zu derselben Kategorie von Glücksspielen. Zwar wurde im Gesetzgebungsverfahren die umsatzsteuerliche Problematik zur Vergleichbarkeit der verschiedenen Spielweisen (online oder terrestrisch) problematisiert. Dies ist jedoch unerheblich, da nach der EuGH-Rechtsprechung unterschiedliche rechtliche Regelungen hinsichtlich der Aufsicht und Regulierung der zu vergleichenden Umsätze keine umsatzsteuerlichen Unterschiede rechtfertigen können.