Wirksames Testament auf Kneipenblock?

In einem bemerkenswerten Beschluss vom 20. Dezember 2023 entschied das Oberlandesgericht Oldenburg (Az.: 3 W 96/23), dass die Verwendung eines ungewöhnlichen Schreibpapiers, wie etwa einem Kneipenblock, die Wirksamkeit eines Testaments nicht automatisch ausschließt. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Testierwillens und die Einbeziehung von Umständen außerhalb der Urkunde bei der Beurteilung, ob ein handschriftliches Testament als gültig anzusehen ist.

Der Fall: Testament auf einem Kneipenblock

Im vorliegenden Fall beantragte die langjährige Partnerin des Erblassers einen Erbschein, gestützt auf einen handschriftlichen Zettel, der in der Kneipe des Verstorbenen gefunden wurde. Auf diesem Zettel, der auf einem Kneipenbestellblock geschrieben war, stand „BB kriegt alles AA 04.12.22“. „BB“ entsprach dem Vornamen der Antragstellerin. Die Kinder der vorverstorbenen Schwester des Erblassers zweifelten die Echtheit des Testaments und den Testierwillen des Verstorbenen an und plädierten für die Anwendung der gesetzlichen Erbfolge.

Das Amtsgericht Westerstede entschied zunächst gegen die Antragstellerin und lehnte den Erbschein ab. Es sah den Zettel als zu unklar an, um als Testament zu gelten, insbesondere weil „BB“ nicht ausreichend konkretisiert sei. Doch auf Beschwerde der Antragstellerin hob das Oberlandesgericht diese Entscheidung auf und erklärte, dass der Zettel als wirksames Testament anzusehen sei.

Testierwille und äußere Umstände

Das Gericht stellte fest, dass der Testierwille des Erblassers gegeben war, obwohl der Zettel auf einem Kneipenblock geschrieben wurde – einem für Testamente ungewöhnlichen Schreibpapier. Der Verstorbene hatte den Zettel hinter der Theke seiner Kneipe aufbewahrt, wo er auch andere wichtige Dokumente lagerte. Diese Auffindesituation sowie die Aussagen von Zeugen, die bestätigten, dass der Erblasser in letzter Zeit oft über sein Testament gesprochen hatte, waren für das Gericht wesentliche Anhaltspunkte.

Das Gericht betonte, dass der Testierwille des Verstorbenen entscheidend ist und nicht das verwendete Papier. Solange der Wille des Erblassers, eine rechtsverbindliche Verfügung zu hinterlassen, klar erkennbar ist, kann auch ein Zettel auf einem Kneipenblock als gültiges Testament anerkannt werden. Zudem sei es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, bei Zweifeln an der Echtheit eines Testaments einen Schriftsachverständigen hinzuzuziehen oder einen eigenen Schriftvergleich durchzuführen.

Fazit: Auch ungewöhnliche Testamente können gültig sein

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg zeigt, dass Testamente, auch wenn sie auf ungewöhnlichem Papier wie einem Kneipenblock verfasst sind, nicht per se ungültig sind. Entscheidend ist der Nachweis des Testierwillens und die Auslegung der Umstände, unter denen das Testament verfasst und aufbewahrt wurde.

Für alle, die ihren Partner oder andere Personen im Erbfall begünstigen wollen, ist dieser Fall ein Hinweis darauf, dass auch privat geschriebene Testamente – unabhängig vom Schreibmaterial – gültig sein können, solange sie den formalen Anforderungen genügen und der Testierwille eindeutig erkennbar ist.

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Dana Freber

Dana Freber ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Freber & Partner. Für sie steht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit an erster Stelle. In der Kanzlei liegen ihr die Themen Erbschaft und Vorsorge am Herzen.

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