Ist ein Widerruf von gemeinschaftlichen Ehegattentestamenten möglich?

Der Widerruf gemeinschaftlicher Ehegattentestamente ist ein komplexes Thema, das sowohl rechtliche als auch praktische Herausforderungen mit sich bringt. Dieser Blogbeitrag beleuchtet die wesentlichen Aspekte und Anforderungen, die beim Widerruf solcher Testamente beachtet werden müssen.

Ein gemeinschaftliches Testament regelt die Erbfolge beider Ehepartner in einem Testament. Ein Widerruf des gesamten gemeinschaftlichen Testaments durch beide Ehegatten ist möglich und kann durch verschiedene Weisen erfolgen:

Neues gemeinschaftliches Testament (§ 2254 BGB): Ein Widerruf kann durch das Erstellen eines neuen gemeinschaftlichen Testaments erfolgen.
Vernichtung oder Veränderung der Testamentsurkunde: Die Ehegatten können das Testament gemeinsam vernichten oder ändern. Auch eine Vernichtung durch einen Ehegatten mit der Zustimmung des anderen ist möglich. Eine nachträgliche Genehmigung durch den anderen Ehegatten reicht jedoch nicht aus.
Rücknahme aus öffentlicher Verwahrung (§ 2256 BGB): Wenn das Testament öffentlich verwahrt wird, kann es nur von beiden Ehegatten gemeinsam zurückgefordert werden, und beide müssen im Zeitpunkt der Rücknahme testierfähig sein.

Die Anforderungen an den einseitigen Widerruf beim gemeinschaftlichen Testament:

Für den einseitigen Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments – das heißt dem Widerruf nur durch einen Ehegatten – gelten hingegen andere Regeln:

1. Notarielle Beurkundung
Ein einseitiger Widerruf muss notariell beurkundet werden. Dies stellt für viele Testierende eine unerwartete Hürde dar, da sie sich eigenständig über diese Anforderung informieren müssen.

2. Zugang der Widerrufserklärung
Der Widerruf ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem anderen Ehepartner zugehen muss. Hierfür genügt eine beglaubigte Abschrift nicht, sondern es muss eine Ausfertigung der Urkunde zugestellt werden. Dieser Zugang sollte idealerweise durch einen Gerichtsvollzieher erfolgen, um den Beweis der Zustellung zu sichern.

3. Testierfähigkeit des Adressaten
Ein Widerruf kann problematisch werden, wenn der andere Ehepartner geschäftsunfähig ist. Hierbei ist umstritten, ob der Widerruf trotzdem wirksam ist, da der geschäftsunfähige Partner nicht mehr reagieren kann und mangels eigener Testierfähigkeit anderweitig testieren kann. Der testierunfähige Ehegatte kann daher seine eigene letztwillige Verfügung nicht widerrufen und auch keine neue letztwillige Verfügung verfassen, da es sich insoweit um ein höchstpersönliches Recht handelt, wofür eine Vertretung grundsätzlich nicht möglich ist.

Ist ein einseitiger Widerruf eines gemeinschaftlichen Testaments gegenüber dem unter Betreuung stehenden Ehegatten möglich?

Der Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung des Testierfähigen gegenüber dem Betreuer des geschäftsunfähigen Ehegatten soll nach einer wohl überwiegenden Ansicht möglich sein, wenn dieser den Aufgabenbereich „Vermögenssorge“ besitzt.

Ist der Widerrufende selbst Betreuer für seinen Ehepartner, so ist er jedoch durch § 1824 Abs. 2, § 181 BGB an der Entgegennahme gehindert, sodass ein Ergänzungsbetreuer gem. § 1817 Abs. 4 zu bestellen ist.

Die Unfähigkeit des zwischenzeitlich geschäftsunfähigen Ehegatten, anderweitig zu testieren, führt also grundsätzlich nicht dazu, dass ein Widerruf nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit nicht mehr möglich ist. Denn andernfalls würde dies bedeuten, dass die vom Gesetzgeber lediglich in § 2271 Abs. 2 S. 1 BGB geregelte Beschränkung der Widerrufsmöglichkeit für den Fall, dass bereits ein Ehegatte verstorben ist, dass noch eine weitere Einschränkung der Widerrufsmöglichkeit – im Falle der Geschäftsunfähigkeit eines Ehegatten – geschaffen würde, die der Gesetzgeber aber so offensichtlich nicht geregelt hat.

Nach einer anderen Ansicht hingegen kann der Widerruf gegenüber einem geschäftsunfähigen Ehegatten nicht mehr wirksam erfolgen, da dieser nicht mehr in der Lage ist, neu zu testieren. Denn andernfalls wäre der eigentliche Sinn und Zweck der notariellen Beurkundung des einseitigen Widerrufs, sicherzustellen, dass der Widerruf des einen Ehegatten dem anderen Ehegatten auch tatsächlich bekannt wird und er damit in die Lage versetzt wird, den Widerruf seines Ehegatten zum Anlass zu nehmen, ebenfalls anderweitig zu testieren, unterlaufen.

Fazit

Der Widerruf gemeinschaftlicher Ehegattentestamente ist bei einem einseitigen Widerruf, das heißt bei einem Widerruf nur durch einen Ehegatten, mit zahlreichen rechtlichen Anforderungen und Problemen behaftet. Die notarielle Beurkundung und der Zugang der Widerrufserklärung sind zentrale Voraussetzungen, die strikt eingehalten werden müssen. Zudem sollte die Geschäftsfähigkeit des Widerrufsempfängers berücksichtigt werden, um einen wirksamen Widerruf zu gewährleisten.

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Dana Freber

Dana Freber ist Rechtsanwältin in der Kanzlei Freber & Partner. Für sie steht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit an erster Stelle. In der Kanzlei liegen ihr die Themen Erbschaft und Vorsorge am Herzen.

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