Die Bewertung von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen ist ein komplexer Bereich des Steuerrechts, der in den §§ 13 bis 16 Bewertungsgesetz (BewG) geregelt ist. Diese Regelungen kommen zur Anwendung, wenn eine Person regelmäßige Zahlungen oder Leistungen, beispielsweise in Form einer Rente, von einer anderen Person erhält oder wenn eine unentgeltliche Nutzung eines Wirtschaftsgutes durch eine andere Person als dem Eigentümer erzielt wird. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Nießbrauch.
Definition und Kategorien wiederkehrender Nutzungen und Leistungen
Wiederkehrende Nutzungen
Wiederkehrende Nutzungen sind geldwerte Vorteile, die dem Nutzungsberechtigten in regelmäßigen Abständen aufgrund eines obligatorischen oder dinglichen Rechts aus ihm fremden Wirtschaftsgütern zufließen. Es handelt sich um ein Recht zur Nutzung einer fremden Sache wie z.B. Nießbrauchs- oder Wohnrechte.
Wiederkehrende Leistungen
Wiederkehrende Leistungen sind Zuwendungen in Geld oder Geldeswert, die dem Berechtigten losgelöst von einem materiellen Wirtschaftsgut im Rahmen eines Schuldverhältnisses zufließen.
Bewertung der wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen
Die Bewertung der wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen ist abhängig von der Laufzeit (auf bestimmte Zeit/immerwährend/von unbestimmter Dauer/auf Lebenszeit einer Person). Als Bewertungsmaßstab gilt jedoch für alle Fallgruppen grundsätzlich der Kapitalwert, in bestimmten Fällen der gemeine Wert.
Der Kapitalwert wird ermittelt, indem der Jahreswert der Nutzung oder Leistung mit einem entsprechenden Vervielfältiger multipliziert wird.
Der Jahreswert von Nutzungen oder Leistungen, die nicht in Geld bestehen (z.B. Wohnrecht), ist der Jahreswert mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen. Bei Nutzungen oder Leistungen, die in ihrem Betrag ungewiss sind oder schwanken (z.B. Nießbrauchsrechte), ist als Jahreswert der Betrag zugrunde zu legen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt wird. Nur bei der Bestimmung des Jahreswertes von Nutzungen ist der Höchstwert zu beachten. Danach darf der Jahreswert höchstens den Wert betragen, der sich ergibt, wenn der für das genutzte Wirtschaftsgut nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes anzusetzende Wert durch 18,6 geteilt wird. Hintergrund ist, dass das Nutzungsrecht nicht höher bewertet werden kann als das Eigentumsrecht selbst.
Der Vervielfältiger hängt von der Dauer der wiederkehrenden Nutzung oder Leistung ab. Es werden drei Hauptfallgruppen unterschieden:
1. Nutzungen und Leistungen mit bestimmter Zeitbegrenzung
Bei Nutzungen und Leistungen, die zeitlich begrenzt sind und deren Ende bereits am Bewertungsstichtag klar bestimmt werden kann, wird der Kapitalwert folgendermaßen berechnet:
Beispiel Rente:
Eine Rentenzahlung über 15 Jahre mit einer jährlichen Zahlung von 20.000 €.
Vervielfältiger: 12,279 (für eine Laufzeit von 15 Jahren).
Berechnung: 20.000 € x 12,279 = 245.580 €.
Beispiel zeitlich begrenzter Nießbrauch:
Der Vater wendet seiner Tochter in 01/2024 den Nießbrauch an einem vermieteten Grundstück über 10 Jahre zu. Der Jahreswert (Mieteinnahmen abzgl. durchschnittliche Kosten) beläuft sich auf 23.000 €. Der Grundbesitzwert nach dem Bewertungsgesetz beträgt 480.000 €.
Vervielfältiger: 7,745 (für eine Laufzeit von 10 Jahren unabhängig vom Geschlecht)
Berechnung: 23.000 € x 7,745 = 178.135 €
Prüfung Höchstwert: 480.000 € / 18,6 = 25.806 € > 23.000 € Jahreswert
Abwandlung: Der Grundbesitzwert beträgt 390.000 €.
Berechnung: 390.000 € / 18,6 = 20.968 € < 23.000 € Jahreswert
Der Höchstwert kommt zum Tragen. Der Kapitalwert für das Nießbrauchsrecht beträgt somit 20.968 € x 7,745 = 257.466 €.
2. Immerwährende Nutzungen oder Leistungen
Diese Art von Nutzungen und Leistungen hat kein absehbares Ende und ist abhängig von einem unbestimmten Ereignis. Solche Fälle sind selten und haben meist nur theoretische Bedeutung.
Vervielfältiger: 18,6, was einer Laufzeit von mehr als 101 Jahren entspricht.
Anwendung: Nur im Zusammenhang mit juristischen Personen.
3. Nutzungen und Leistungen von unbestimmter Dauer
Diese Gruppe umfasst Fälle, bei denen das Ende der Nutzungen oder Leistungen in absehbarer Zeit sicher ist, aber der genaue Zeitpunkt ungewiss bleibt.
Vervielfältiger: 9,3 (entspricht einer durchschnittlichen Laufzeit von 13,5 Jahren).
Beispiele: Zahlung einer Rente bis zum Abschluss eines Studiums oder bis zu einer Heirat.
Lebenslange wiederkehrende Zahlungen fallen ebenfalls in diese Kategorie, wobei der Vervielfältiger an die statistische Lebenserwartung anknüpft.
Beispiel lebenslanger Nießbrauch:
Der Vater (vollendetes Lebensjahr im Übertragungszeitpunkt 57 Jahre) überträgt seiner Tochter in 01/2024 im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ein vermietetes Grundstück. Er behält sich ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an dem Grundstück. Der Jahreswert (Mieteinnahmen abzgl. durchschnittliche Kosten) beläuft sich auf 23.000 €.
Vervielfältiger: 13,491 (nach statistischer Lebenserwartung des Vaters und Geschlecht)
Berechnung: 23.000 € x 13,491 = 310.293 €
Sonderfall der lebenslangen Nutzungen und Leistungen
Bei lebenslangen Nutzungen und Leistungen wird der Vervielfältiger an die statistische Lebenserwartung der berechtigten Person angepasst. Dies erfordert eine spezielle Berechnung, die die individuellen Lebensumstände und statistischen Daten berücksichtigt.
Fazit
Die Bewertung von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen gemäß dem Bewertungsgesetz erfordert ein genaues Verständnis der zugrunde liegenden Regelungen und Berechnungsmethoden. Durch die klare Unterscheidung in die drei Fallgruppen und die Anwendung spezifischer Vervielfältiger lässt sich der Kapitalwert dieser Nutzungen und Leistungen präzise bestimmen.
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